Im Februar 2015 haben wir uns den Segler-Traum von der Karibik erfüllt: Zwei Wochen BVI auf einer Sun Odyssey 41 DS. Die Anreise ist ja schon etwas weiter als zur Nordsee, so knapp 7.000km hat man vor sich. Aber man kann das ganze in ca. 16 Stunden schaffen, z.B. Mit Air-France über Paris und St.Martin. Die letzten 150 Kilometer Island-Hopping fliegt man dann meist mit einer 8-sitzigen Cessna nach Road Town (EIS). Einer der Passagiere hat das Vergnügen neben dem Piloten zu sitzen und es gilt: Don’t touch anything, fass nichts an. Während dem Flug hat man bereits eine tolle Aussicht auf das zukünftige Segelrevier und bekommt schon eine riesige Lust loszulegen. Wir mussten uns noch gedulden, wir hatten sicherheitshalber noch eine weitere Nacht in einem Ressort gebucht und konnten so ein paar Stunden am Strand zur Akklimatisierung nutzen. Strand und Wasser sind einfach toll, aber wir freuten uns schon auf den nächsten Tag.
In Road Town auf Tortola, der Hauptinsel der BVI übernahmen wir unsere Sun Odyssey 41 DS mit dem Namen Shira. Der Hafen Wickhams Cay II ist eine quirlige Marina und wenn alle Crews möglichst schnell auf ihr Schiff wollen ist einiges los. Wir überbrückten die Wartezeit an der Bar mit einem „Bushwrecker“, mindestens so gefährlich wie der berühmte Planter‘s Punch. Heute sollte nur noch eingekauft werden, wir hatten es nicht eilig. Die von uns gewählte Sun Odyssey 41 DS hat nur Platz für 4 Personen, bietet aber daher zwei Paaren jeweils eine riesige Kabine mit Doppelbett und eine eigene Nasszelle. Der Einkauf lief problemlos und man bekam im nahen Supermarkt alles was das Herz begehrt. Die Preise sind allerdings etwas höher als in Europa, eben „Carribean“.
Nach dem Skipper-Briefing am nächsten Morgen ging es los, das erste Tagesziel war Norman Island. Nur 11 NM entfernt hatten wir genügend Zeit uns bei 12-15 Knoten Wind und wenig Welle auf unser Schiff einzustellen. So ging es über den Sir Francis Drake Channel zunächst nach Peter Island zu einem Badestop und dann nach „The Bight“ auf Norman Island. Dort liegt ein „Piratenschiff“, die Willy T., die schon in vielen Törnberichten erwähnt wurde. Abends von zig Dingis umlagert finden dort bei fetziger Musik die Party’s statt. Wer Abkühlung braucht geht aufs Oberdeck und beeindruckt die anderen mit einem Sprung in das glasklare Wasser. Da fast alle Yachten nach amerikanischem Vorbild einen Grill am Heckkorb haben, kann man den Sonnenuntergang bei einem Sundowner und einem Steak auch an Bord genießen.
Am nächsten Tag verließen wir die Willy T. und unsere Ankerboje in Richtung Peter Island und Salt Island. Vor Salt Island liegt das Wrack eines in einem Hurrikane gesunkenen Postschiffes, der RMS Rhone. Das Gebiet ist heute ein Marine Park mit Bojen, so dass man ausgiebig tauchen und schnorcheln kann. In jedem Fall bestaunt man die Überreste des Schiffes, das nachdem die Ankerkette gerissen war auf die Klippen geworfen wurde. Der Gedanke an die vielen Opfer macht das ganze schon etwas gruselig…
Nach einer weiteren Nacht an einer Ankerboje soll es heute nach Virgin Gorda gehen. Die Südspitze der Insel hat eine besondere Naturschönheit zu bieten: The Bath – riesige Granitsteine, die am Strand verteilt liegen und eine einzigartige Landschaft mit weißem Strand, Pools, Höhlen und Durchgängen bilden. Hier kann man leicht den ganzen Tag verbringen. Wir ankerten nur ein paar Stunden um am Abend in den Hafen von Spanish Town zu laufen, dem Hauptort auf Virgin Gorda. Dort konnten wir unser Frischwasser auffüllen, die Vorräte ergänzen und am Abend im „The Rock“ wunderbar zu Abend essen. Das Lokal ist auf den riesigen Granitblöcken errichtet, geht über etliche Plattformen und Ebenen und bietet eine phantastische Aussicht. Dass das Essen ebenfalls erstklassig war ist fast schon klar, aber auch die Preise sind auf etwas höherem Niveau. Aber wenn man schon mal da ist…
Am nächsten Tag ging es nach einem ausgiebigen Frühstück mit Eiern und Speck über die Inselgruppe „The Dogs“ rund um „Great Dog“ zum obligatorischen Badestop. Das Wetter ist eigentlich extrem konstant, konstanter Wind mit 13-25 Knoten aus ONO, Bewölkung bei 20% bis 60%, Lufttemperatur zwischen 23 und 27 Grad Celsius. Allerdings auch immer mal wieder ein kurzer und heftiger Regenguss, den man bei den Temperaturen aber als willkommene Erfrischung empfindet. Der Wind ist an drei bis vier Tagen auf 20-25 Knoten angestiegen, das war es dann aber auch schon. Die Wassertemperatur lag immer um die 24 Grad, also beste Badetemperatur.
Nach unserem Badestop ging es weiter nach Saba Rock, an der Nordspitze von Virgin Gorda. Der Gorda Sound ist eine wunderbare Bucht zwischen Virgin Gorda und Prickly Pear Island. Durch eine enge Durchfahrt, die aber keine zu große navigatorische Herausforderung war, kommt man in den Sund, in dem auch der „Bitter End Yacht Club“ mit seiner berühmten Bar liegt. Bitter End, weil von hier aus viele den Rücksprung nach Europa starten, eben das bittere Ende der wunderbaren Tage in der Karibik. Vor Saba Rock liegen wir wieder an der Ankerboje, die hier meist eine eigene Festmacherleine haben, die mit einem kleinen Schwimmer an der Wasseroberfläche schwimmt. Die Boje kostet zwar pro Nacht 30-40 Dollar, aber der Skipper hat einen deutlich ruhigeren Schlaf als vor Anker.
Nun lag eine besondere Etappe vor uns, etwa 20 Seemeilen nördlich liegt die Insel Anegada, im Unterschied zu den vulkanischen Inseln der BVI’s eine Koralleninsel. Umgeben von einem Korallenriff ist die Einfahrt in die flache Ankerbucht nur durch einen schmalen Kanal möglich. Man sollte am Vormittag gegen 11 Uhr vor der Einfahrt stehen, mit der Sonne im Rücken geht die „Eyeball-Navigation“ anhand der Wasserfarben dann recht problemlos, wenn auch der Rudergänger ein paar angespannt Minuten hat. Wir hatten einen local Guide, Philemon, der mit seinem Schiff mehrere Yachten nach Anegada führte. Er kannte Kanal und Ankerbucht wie seine Hosentasche und die Überfahrt war bei etwas stärkerem Wind bereits eine kleine Regatta. Wie immer wenn sich zwei Schiffe mit gleichem Kurs auf dem Meer begegnen…
Die Ankerbucht vor Anegada war von beeindruckender Farbe, der weiße Korallensand zauberte das intensivste Türkis hervor, das ich je gesehen habe. Der Anker fasste im Korallensand wunderbar und am Strand konnte man frischen Hummer kaufen, garantiert erst ein paar Stunden alt. Auf Anegada wird der Lobster auf eine spezielle Weise gegrillt, „mouthwatering“, also das Wasser lief uns im Mund zusammen.
Die Rückfahrt nach Virgin Gorda am nächsten Tag war wesentlich ruhiger als die Hinfahrt, Kunststück, denn nun ging es statt gegen den ONO gegenan mit Raumen Wind zurück in den Sund. Diesmal wollten wir in Biras Creek ankern. Dort hat der Yacht Club Costa Smeralda – der mit dem Rolex Cup – eine „Filiale“. Nicht ganz unsere Liga, aber allemal interessant um schöne Schiffe anzusehen. Neben einigen Motoryachten ankerte eine sehr schöne britische Segelyacht vor dem Club.
Am nächsten Tag wollten wir nach Pusser`s Marina Cay, einer sehr schönen Insel, dort ist alles Pusser´s. Auf britischen Segelschiffen im 17.Jahrhundert gab es täglich eine Portion Rum, wofür jeder Seemann seine Blechtasse hatte. Verteilt wurde das vom Purser, der für die Ausgabe von Rum und Arbeitsutensilien auf dem Schiff verantwortlich war. Heute gibt es den Purser noch in der Fliegerei, wenn auch wenige Purser wissen, warum sie so heißen und meist auch keinen Rum mehr ausgeben. Für die Seeleute kam alles was gut war vom Purser und so wurde „it’s pusser“ die Bezeichnung für alles Gute.
Eine weitere Attraktion auf Marina Cay ist die Fütterung der Tarpans. Jeden Nachmittag um 17 Uhr werden diese bis zu 3,5 Meter großen Fische gefüttert. Sie holen sich den Köderfisch aus der Hand, wer Mut hat kann es auch mal probieren. Wir haben großzügig verzichtet und die Freiwilligen vorgelassen. Von Marina Cay sollte es nun auf der Nordseite von Tortola entlang nach Cane Garden Bay und dann nach Great Harbour auf Jost van Dyke gehen. Die Nordseite Tortolas hat einige schöne Buchten und fast immer findet sich eine gute Ankerbucht. An Land geht es mit dem Dingi, manchmal ist die Brandung am Strand dabei eine echte Herausforderung. Wenn die Wellen die Landung unmöglich machen kann man immer noch an den Strand schwimmen. Die Dollars für die Bar müssen dann in die Badehose und werden in der Bar an einer Leine zum Trocknen aufgehängt. So kam die „Soggy Dollar Bar“ – unter Seglern nicht unbekannt – zu ihrem Namen.
Nach Great Harbour machten wir uns auf den Weg nach Sopers Hole, keine Höhle, sondern ein Schlupfloch für die Hurrikan-Saison. Der Hafen ist mit seinen bunten Häusern und seinem Karibik-Flair ein beliebter Anlaufpunkt, leider auch für Kreuzfahrer, die dann zu Hunderten einfallen. Aber die müssen ja schon bald zurück auf ihr Schiff. Hier im Westen der Inseln kann man dann auch einen wunderbaren Sonnenuntergang beobachten. Wir sahen an diesem Tag einen sehr schönen Rahsegler unter Vollzeug, der dann am Abend gleich vor Sopers Hole auf Reede lag. Nun war es nur ein kurzer Schlag um die Westspitze Tortolas um dann die 23 Meilen in Richtung Rod Town aufzukreuzen.
Unseren letzten Segeltag haben wir dann in der Sir Francis Drake Street verbracht und den wunderbaren ONO-Passat genutzt. In zwei Wochen mit 13 Segeltagen habe wir rund 220 Seemeilen zurückgelegt, kein Rekord, das war auch nicht das Ziel. Eher ging es um entspanntes Segeln, relaxen, Schnorcheln und Sightseeing. Kann man die BVI als Segelrevier empfehlen? Absolut ! Das Revier ist hochinteressant, gut zu beherrschen und bietet eine Vielzahl wunderschöner Ziele innerhalb kurzer Schläge. Zwei Wochen werden nicht lang, aber auch in einer Woche kann vieles ersegelt werden. Da die Anreise nicht ganz kurz ist und eine Zeitverschiebung zu verkraften ist, sind zwei Wochen Aufenthalt eine gute Wahl.
Mit seglerischem Gruß
Wolfgang G.